Als junger Mensch reagiert man sensibler auf Reize von außen, auf Beeinflussungen und Inspirationen – man sucht nach einer Möglichkeit, einen Weg zu finden, sein Leben so positiv wie möglich zu gestalten und braucht dafür jemanden, der einem zeigt, wie das gemacht wird.
Zu diesem Zwecke beginnt man in der Pubertät damit, sich Vorbilder zu suchen – Menschen, die gewisse Dinge besonders gut können, einen Lebensstil führen, den man sich zu diesem Zeitpunkt wünscht oder eine Meinung vertreten, mit der man sich identifizieren kann.
Das ist es, was wir generell unter „Vorbildern“ verstehen. Ein idealisiertes Muster, das sich wenig am täglichen Leben orientiert und meistens einfach eine (Wunsch-)Vorstellung bleibt. Trotzdem sind solche Visionen wichtig, sie lassen uns die eigene Meinung hinterfragen, nach Neuem streben und geben uns das Gefühl, dass alles möglich ist.
Und da kommen die wahren Vorbilder ins Spiel. Leise und unerkannt beeinflussen sie unser Leben in viel größerem Ausmaß, als es jemand schaffen würde, der oder die keinen Bezug zu uns hat, sich in unerreichbarer Ferne befindet oder sich eigentlich in einer Scheinwelt befindet, die über Social Media Kanäle gepusht wird.
Unser unmittelbares soziales Umfeld ist zum Bersten voll mit Vorbildern, das habe ich im letzten Blog bereits erwähnt – wie und warum nehmen Heranwachsende diese nun an?
Zu diesem Thema gibt es diverse Theorien von verschiedenen renommierten Psycho- und Soziologen.
Sigmund Freud vertrat die Ansicht, dass diese Identifizierung mit anderen Personen in der Kindheit zur Bewältigung von Angstzuständen vonstattengeht – wir ahmen alles nach, was unsere Umwelt uns vorlebt und beginnen erst in der weiteren Entwicklung, auch darüber zu reflektieren, diese Ansichten zu hinterfragen.
Der amerikanische Soziologe Robert K. Merton definierte den Begriff role model (deutsch: Rollenmodell) und verstand darunter Vorbilder, die als Muster für spezifische Rollen (z.B. ein Basketballspiel) nachgeahmt werden. Er unterschied sie von reference individuals (Bezugsindividuen), die als Referenz für eine ganze Lebensweise hergenommen werden.
Bandura/Walters und Tausch/Tausch entwickelten schließlich ein detailliertes Konzept namens „Lernen am Modell“ (Vorbild), das das Verhalten von Schüler_innen beim Erkennen und Annehmen einer für sie geeigneten Vorbildfunktion genau dokumentiert.
Die Forscher_innen sahen verschiedene Lerneffekte innerhalb des Modelllernens: Die Schüler_innen erlernten neue Verhaltensweisen, durch die Beobachtung des Modells wurde bereits vorhandenes Verhalten enthemmt oder gehemmt und bereits gefestigtes Verhalten wurde ausgelöst.
Warum Modelle mit hohem Ansehen so effektiv sind und so leicht als Vorbilder akzeptiert werden, macht das klassische Streben nach Erfolg aus – gewisse Wunschvorstellungen von der Anerkennung anderer manifestieren sich einfach so, vor allem in jungen Köpfen. Trotzdem wurde festgestellt, dass im Endeffekt die „Modelle“ im täglichen Umfeld, vor allem jene mit einer guten Beziehung zu den Heranwachsenden, die mit dem meisten Potenzial sind, auch langfristig in einer Vorbildfunktion bleiben zu können.
Eure Stephanie Gaberle, Nachhilfelehrerin in Deutsch, Englisch und Latein.
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