Die Argumente, die die Zentralmatura stützen, sind unter anderem die bessere europaweite Vergleichbarkeit, die objektive Beurteilung und die Fairness durch die normierten Aufgaben.
Trotzdem steht diese Thematik immer wieder im Kreuzfeuer der Kritik, da daran gezweifelt wird, ob die Maturant_innen wirklich adäquat auf diese Form der Reifeprüfung vorbereitet werden. Und das zu Recht, würde ich meinen.
Wenn man sich zur Lehrkraft ausbilden lässt und eine dementsprechende Hochschule oder Universität besucht, wird dort permanent gepredigt, dass „jedes Kind einzigartig ist“, dass „Differenzierung und Individualisierung“ kreativere Köpfe zutage fördert, Freidenker_innen hervorbringt, die ihre Stärken kennen und sich bemühen werden, in ihrem Leben eine sinnvolle Tätigkeit zu finden, die sie selbst auch langfristig erfüllt und glücklich macht. Zufriedene Kinder. Klingt erstrebenswert, oder? Natürlich kann man nicht davon ausgehen, dass sämtliche pubertierende Revoluzzer da auch so bereitwillig mitspielen, weswegen ich grundsätzlich schon für eine verpflichtende Wissensvermittlung bin, die ohne einem gesunden Maß an Disziplin und Engagement nicht auskommt – wer lernt schon gerne freiwillig, solange Mama und Papa noch alle Rechnungen bezahlen?
Schauen wir dann auf das Ende dieser potentiell personalisierten Schulkarriere, kommt uns etwas in den Weg, das sämtliche in der Ausbildung vermittelten Werte und Ideale mit einem Schlag über den Haufen wirft und sich in einem normierten Korsett präsentiert. Ja, es geht um die Zentralmatura.
Die Reifeprüfung an sich ist für unser Bildungssystem ein notwendiger und auch durchaus vertretbarer Standard, immerhin soll danach ein Studium möglich sein. Allerdings gibt die Zentralmatura mit ihrer starren Aufgabenstellung keinesfalls Aufschluss darüber, in welchem Bereich die wahren Talente verborgen liegen und garantiert auch keine anschließenden Studienerfolge, im Gegenteil, das Studieren ist (seit der Bologna-Reform) vorrangig auf das schnelle Absolvieren und das Generieren von Titeln ausgelegt. Das führt zu mehr Konkurrenz unter frischen Akademiker_innen am Arbeitsmarkt, die vielleicht nur aus Angst davor, keinen Job zu bekommen und unter viel Druck in Mindestzeit studiert haben und nun erkennen, dass sie eigentlich etwas ganz anderes machen wollten. (Sie wissen zwar meistens nicht genau was, aber „irgendwas mit Medien“.) Diese Fast-Education soll zwar im Endeffekt der Wirtschaft gut tun, hat aber oft nichts mit intrinsischer Motivation und persönlichem Interesse zu tun und führt in weiterer Folge zu Identitätskrisen, Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt und einer inflationären Ansammlung von akademischen Titeln. Ich glaube nicht, dass das Sinn der Sache ist.
Natürlich will ich nicht nur jammern, ich finde es allgemein immer respektabel, wenn sich in unserem Bildungssystem etwas tut – mir geht es nur zu langsam und zu unüberlegt.
Die Qualität der Schulen und der Wissensvermittlung könnte an der Wurzel gepackt werden, indem schon im Laufe der Schulzeit auf langfristige Verbesserung Wert gelegt wird, nicht erst ganz zum Schluss und dafür in wilder Panik. Um zu gewährleisten, dass unsere Schüler_innen wirklich engagiert und motiviert daran arbeiten wollen, einen wertvollen Teil ihrer Lebenszeit zu opfern, um zur Gesellschaft etwas beitragen zu können, müssen wir ihnen auch etwas bieten und zumindest versuchen, Begeisterung in ihnen zu entfachen. Was nötig ist, um ein gemeinsames Planen und Handeln von Regierung und Schulen zu erreichen, die ganz tief im Kern ansetzt und etwas bewegen möchte - was zwar Veränderung bedeutet, aber nachhaltig bei Alt und Jung zu Lernerfolgen jeglicher Art führt - weiß ich leider nicht, bin aber immer für Ideen offen. :)
Eure Stephanie Gaberle, Nachhilfelehrerin für Englisch, Deutsch und Latein
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Roman (Mittwoch, 03 Mai 2017 22:46)
Dieses permanente, sinnlose und übertriebene Gendern macht die Texte leider unleserlich
-schade
Stephanie (Donnerstag, 04 Mai 2017 10:46)
Du meinst das stilauffressende, leseflusszerstörende Gendern? :D Bin ich auch nicht der Fan davon, die Thematik ist nur leider omnipräsent.
Tanja (Donnerstag, 04 Mai 2017 11:01)
Lieber Roman,
Wir sind ein Bildungsinstitut und haben daher einen Bildungsauftrag zu erfüllen. Außerdem geht eine gewisse Vorbildwirkung von uns aus. Da sämtliche Universitäten und Fachhochschulen gendergerechte Sprache vorschreiben, wollen wir bereits unsere Schüler_innen auf diese Herausforderung entsprechend vorbereiten.
Liebe Grüße