Ich befinde mich ständig auf der Suche nach den unterschiedlichsten kritischen Meinungen im Wirrwarr unseres Bildungssystems. Ein netter Zufall und meine (nicht ausschließlich positive) Vergangenheit mit der Pädagogischen Hochschule (kurz PH genannt) hat mir dieses Interview mit einem Junglehrer ermöglicht, der seit kurzem seine Ausbildung abgeschlossen hat und mittlerweile hochoffiziell unterrichtet.
Offene Fragen, ehrliche Antworten.
Aus welchen Motiven bist du ursprünglich Lehrer geworden?
Auf jeden Fall nicht, um jetzt alle Fächer zu unterrichten, die ich nicht studiert habe. Wenn ich ehrlich sein darf, habe ich die PH nur gemacht, weil ich gemerkt habe, dass bei mir ein selbst zu organisierendes Studium nicht funktioniert. Die Uni hat es einfach nicht geschafft, bei mir die notwendige Motivation zu wecken. Nachdem ich eine Seminararbeit, die ich abgeben musste, zum fünften Mal verschoben hatte, wusste ich, das war’s jetzt. Dann hatte ich keine Alternativen, als mir etwas zu suchen, das ich sicher durchziehe.
Freunde von mir gaben mir den Rat, auf der PH anzufangen, da die Hochschule eher wie eine normale Schule abläuft – wo man alles vorgekaut kriegt. Abgesehen davon war es der letzte Jahrgang, in dem man nach 3 Jahren den Titel hat... Im vierten oder fünften Semester hatte ich fast einen Einbruch aus Frustration, aber als ich gesehen habe, wer das sonst noch alles schafft, dachte ich mir, das kann ich jetzt auch noch fertig machen.
Aber so etwas kann man ja niemandem erzählen. Die Leute studieren in der Regel das, was sie voll interessiert und auch ihr Leben lang erfüllen soll. Ein paar Mal habe ich meine ehrliche Meinung geäußert, aber die Blicke dann…nur nichts hinterfragen.
Was kannst du von deiner PH-Ausbildung mitnehmen?
Ich würde schon sagen, dass ich fürs Leben viel gelernt habe -durch die sozialen Kontakte und entstehenden Freundschaften. Aber was genau ich gelernt habe…Also fachlich, ohne Hate, fast nichts. Da kann ich mich wirklich an fast nichts erinnern. Das einzige, das ich als positiv ansehe, war die Praxis, das muss ich wirklich sagen. Die hat mir auch für den Beruf jetzt sehr viel gebracht. Da man da gleich ins kalte Wasser geschmissen wird, musste ich wirklich schauen, was funktioniert mit der Klasse, wie komm ich als Mensch rüber, was kann ich probieren? Die Auswirkungen merkt man dann ja sofort, auch ohne eine Reflexion zu schreiben.
Wie gefällt es dir jetzt?
Also meine aktuelle Schule habe ich gut getroffen. Die ersten zwei/drei Wochen waren für mich der Horror. Das Gebäude, die Atmosphäre, der Lärm…das Schlimmste war aber für mich, in eine Rolle zu schlüpfen, die ich nicht spielen möchte. Zunächst, dass ich den strengen, keinen Spaß verstehenden Lehrer mimen musste. Das macht keine Freude, wenn man sich früher eigentlich ganz genau so benommen hätte und mit den schlimmsten Schülern befreundet gewesen wäre.
Man muss ein gewisses Anforderungsprofil erfüllen und spürt den Druck, so und so sein zu müssen, damit die anderen einen akzeptieren. Natürlich könnte ich mich anpassen und alles tun, was das Umfeld von mir verlangt…aber am Ende des Tages – was hab‘ ich davon?
Ich habe mich vielleicht einen großen Teil meines Lebens verstellt und unglücklich gemacht. Man hat zwar durch Feedback ein leichtes Gefühl von Anerkennung und Stolz, aber das ist so trügerisch und kann einem sofort wieder weggenommen werden, wenn man einmal aus der Reihe tanzt.
Mittlerweile kenne und mag ich die Schüler, manchmal ist es auch richtig lustig und die Klasse versteht es, wenn man ein paar Witze einbaut. Nur nicht zu oft, das gilt dann ohne Umschweife als Startkommando zum Rumschreien. Es ist aber nicht das, was ich auch nächstes Jahr noch machen möchte.
Was müsste sich ändern, damit du weiter Lehrer sein möchtest?
Das System müsste sich komplett ändern. Für Schüler und Lehrer. Damit man die Arbeit gern macht und sie als sinnvoll empfindet, auch langfristig. Sonst lande ich am Ende da, wo ich nie landen wollte. Da sich aber von außen nichts ändert, muss ich auf mich schauen und das selbst in die Hand nehmen. Und meine Zukunft liegt nicht in der Schule.
Vielen Dank für das coole Gespräch.
Stephanie Gaberle,
Bloggerin und Kaffeetrinkerin bei Easy Success
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